7 Tipps für Trauernde

Trauer braucht ihre Zeit, und leider gibt es keinen quick fix, kein einfaches Rezept, das den Schmerz verschwinden lässt. Für viele ist die Trauer ein langsamer und schmerzhafter Prozess, der nach und nach weniger weh tut. Ich möchte dir hier sieben Methoden zur Selbsthilfe vorstellen, die dir helfen, mit dem Schmerz und der Sehnsucht umzugehen, so dass dein Alltag lebbarer wird.

1. Bestimme täglich einen festen Zeitpunkt zum Trauern

Ein in jedem Moment des Alltags gegenwärtiges Verlustgefühl ist nicht nur schmerzhaft, es kann uns auch handlungsunfähig machen. Nach ein paar Monaten kann man deshalb versuchen, die Sehnsucht nach dem Verlorenen so weit zu steuern, dass sie nicht ständig präsent ist. Lege dazu jeden Tag eine bestimmte Zeit fest, in der die Trauer einen Raum hat. Gerne auch einen bestimmten Ort. Spüre dann deinem Verlust nach. Mache dir bewusst, was du vermisst, wann die Trauer am stärksten ist, was sie auslöst. Diese Reflexionen können dir Perspektive geben und ein neues Verständnis dessen, was du erlebst. Jedes Mal, wenn du den Verlorenen oder das Verlorene dann außerhalb dieser festgesetzten Zeit vermisst, kannst du zu dir selbst sagen: ‚Ja, ich spüre diese schwierigen Gefühle, aber ich verschiebe sie auf meine Trauerzeit nachher.‘ Und dich dann zwingen, etwas anderes zu tun, dich abzulenken, bis es Zeit für die Verabredung mit dir selbst ist. Wenn du das eine Weile lang konsequent machst, automatisiert sich dieses Verhalten, und das Gehirn stoppt den Gedanken oder die Reaktion, ehe du von ihr überwältigt wirst.

2. Fasse deine Trauer in Worte

Wenn Du über deine Trauer schreibst, über deine innersten Gefühle und Gedanken, kann das dazu beitragen, den Schmerz zu mildern. Außerdem hilft dir das Aufschreiben, deine Gedanken zu ordnen. Es ist viel leichter, über traumatische Ereignisse zu schreiben als zu sprechen. Außerdem wird unser Umfeld zunehmend ungeduldig und zieht sich zurück, wenn wir oft über schmerzhafte Dinge reden. Auf dem Papier oder Bildschirm kannst du absolut ehrlich und direkt sein, solange du nur für dich schreibst und niemand anderes es liest. Rechtschreibung und Satzbau spielen dabei keine Rolle. Ebensowenig, ob Du ein Gedicht schreibst oder einfach dem Strom deiner Gedanken folgst. Alles, was am Ende geschrieben da steht, beansprucht weniger aktiv Platz in deinem Bewusstsein.

3. Kontrolliere das Aufploppen von Bildern mit der Bildschirmmethode

Wenn vor deinem geistigen Auge immer wieder Erinnerungen oder Fantasien in Form von Bildern aufploppen, ohne dass du das willst, kannst du es mit der Bildschirmmethode versuchen. Dazu stellst du dir vor, du siehst auf einen Fernseh- oder Computerbildschirm. Dann holst du das Bild, das dich immer wieder quält, hervor und platzierst es auf diesem Bildschirm. Nimm wahr, ob dein Bild bunt ist oder schwarz-weiß. Dann kannst du die Farben verändern, sie grau werden lassen oder blasser. Du kannst dir vorstellen, deine Position zu ändern, so dass du das Bild aus einem anderen Winkel siehst. Vielleicht von der Seite oder von oben. Du kannst auch noch weitergehen. Stell dir vor, eine Fernbedienung in der Hand zu halten. Wenn das Bild erscheint, drückst du auf ‚aus‘. Kommt das Bild trotzdem wieder, schaltest du wieder ab. Mach das mehrmals mit Absicht: einschalten, ausschalten, einschalten, ausschalten. Das braucht Übung. Spiel jeden Tag ein bisschen mit den Bildern herum. Auf diese Weise kannst du die Kontrolle über diese Bilder bekommen, anstatt von ihnen kontrolliert zu werden.

Eine andere Möglichkeit ist, sich das Bild auf dem Bildschirm vorzustellen und sich dann in der rechten oberen Ecke des Schirms ein zweites, angenehmes, Bild vorzustellen, das das erste Bild etwas überlappt. Wenn du das geschafft hast, lasse die beiden Bilder schnell den Platz wechseln, so dass das schöne Bild den größten Teil des Bildschirms einnimmt und das quälende Bild nur eine Ecke. Verschiebe dann das quälende Bild von der rechten oberen Ecke in die rechte untere, weiter in die linke untere und die linke obere, bis du es schließlich ‚in den Papierkorb verschiebst.‘ Auch diese Methode braucht ein bisschen Übung, kann dir aber die Kontrolle über deine inneren Bilder zurückbringen.

4. Hinterfrage Schuldgefühle

Hinterbliebene haben oft mit Schuldgefühlen oder Selbstvorwürfen zu kämpfen, auch wenn der Todesfall nicht in Zusammenhang mit Suizid oder Krankheit steht. Sie bereuen Dinge, die sie getan oder nicht getan, gesagt oder nicht gesagt haben. Wir Menschen haben das Bedürfnis, aus unseren Erfahrungen zu lernen. So betrachten wir fast automatisch eine Situation im Nachhinein und fragen uns, ob wir etwas hätten besser machen, anders sagen oder denken können. Auf diese Weise sammeln wir Erfahrung, die uns in einer ähnlichen Situation in der Zukunft von Nutzen sein kann. Das ist ein Mechanismus, der unabhängig davon, ob es einen Grund gibt, uns selbst zu kritisieren, anspringt. Nun hören manche Menschen aber nicht auf, so zu denken, auch nachdem die Information für die Erfahrung geschöpft ist, so dass sich der ursprünglich konstruktive Mechanismus in Form von Grübeln mit Schuldgefühlen und Selbstvorwürfen fortsetzt.

Der Kern des Schuldgefühls liegt häufig darin, dass wir das, was wir heute wissen, mit zurücknehmen zu einem Zeitpunkt, an dem wir dieses Wissen noch gar nicht hatten. Dass wir uns für etwas kritisieren, von dem wir hätten wissen müssen, dass es geschehen wird. Wir sind aber nicht hellsichtig. Wir können die Zukunft nicht vorhersagen.
Wenn du Schuldgefühle hast, fokussiere dich nicht nur auf das Negative, für das du dich kritisierst, sondern auf das, was du tun konntest und das Konstruktive in dem, was du nicht getan hast.
Versetze dich in Gedanken noch einmal zurück in die Situation und stelle dir folgende Fragen:
– Konnte ich vorhersehen, was geschehen wird?
– Wie einfach war es, das, was geschah, zu beeinflussen?
– Wieviel Zeit zum Nachdenken hatte ich?
– Was waren die Gründe dafür, dass ich getan habe, was ich getan
habe?
– Was alles, das in meiner Macht stand, habe ich durchaus getan?
– Würde ich einen anderen an meiner Stelle kritisieren?

5. Suche Kontakt zu anderen in der gleichen Situation


Andere, die dasselbe erleben oder erlebt haben, können eine besonders gute Hilfe sein. Freunde, Nachbarn, Kollegen usw. können oft nicht das Bedürfnis eines trauernden Menschen nachvollziehen, immer und immer wieder über den Verlust zu sprechen. In einer Trauergruppe kannst du die Erfahrung machen, dass du nicht allein mit deiner Trauer bist. Dass du normal bist. Und du lernst und bekommst neue Ideen, wie du deine Trauer bewältigen kannst. Die meisten Menschen bewältigen schwierige Situationen besser, wenn sie so viel Information wie möglich bekommen. Mit mehr Informationen wird das Bild, das wir von einer Sache haben, vollständiger. Wir bekommen ein besseres Verständnis, mehr Struktur, und wir fangen an, Dinge miteinander zu verbinden. In einer qualifiziert angeleiteten Trauergruppe bekommst du diese Informationen und wirst gleichzeitig in deinem individuellen Trauerprozess begleitet.

6. Sammle die guten Momente

Wenn du es schaffst, deine Sinne zu öffnen und wahrzunehmen, was um dich herum geschieht, dann kannst du die schönen Momente sammeln und mentale Bilder von ihnen im Gedächtnis speichern. Solch guten Momente sind oft schöne Erlebnisse zusammen mit anderen. Such dir jemanden in der Familie oder im Freundeskreis, mit dem du diese Augenblicke teilen kannst. Positive Gefühle, die durch positive Erlebnisse hervorgerufen werden, sind besonders geeignet, die innere Unruhe zu dämpfen, die sich oft nach einem schmerzlichen Verlust einstellt.

7. Plane Fest- und Feiertage voraus

Nicht nur Weihnachten, sondern alle Fest- und Feiertage, Geburts- und Jahrestage sind für viele Hinterbliebene besonders schwierig. Stelle dich mental darauf ein, dass ein solcher Tag eine Herausforderung werden kann. Vor allem aber solltest du dir einen Plan machen, wie du dieser Herausforderung begegnen willst.
Heiligabend zum Beispiel kannst du vor dem Essen Zeit für einen Besuch am Grab einplanen, so dass die Trauer ihren eigenen Ort bekommt und alles, was mit positiven Erlebnissen verbunden sein soll, nicht zu stark beeinflusst.
Bei Familienfeiern können ein paar Worte zu Beginn helfen, den Tag leichter zu machen. Ein kurzes Gedenken an den Verstorbenen, den man gern dabei gehabt hätte, und dann überleiten zu der Person, die heute gefeiert werden soll, mit der Erlaubnis an die Anwesenden, ohne schlechtes Gewissen miteinander zu lachen und ein paar schöne Stunden zusammen zu verbringen.
An anderen Tagen, die besonders schwierig sind, wie zum Beispiel der Geburtstag des Verstorbenen, Kennenlern- und Hochzeitstage, kannst du dich mit anderen zu einer Aktivität verabreden, damit die Sehnsucht nicht überhand nimmt. Es ist völlig in Ordnung, sich abzulenken. Das hilft, starke Gefühle zu regulieren und so die Herausforderung besser zu meistern.

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