Monatsrückblick Januar 2024: Unter dem Hartmond

Obwohl keine Royalistin, beginnt mein Januar königlich. Enden tut er eher hart; gewissermaßen ganz dem alten deutschen Monatsnamen entsprechend: Hartung oder auch Hartmond. Die Härte meines Monats hat jedoch nichts mit den gefrorenen Böden zu tun, die der erste Monat des Jahres zumindest früher regelmäßig zu bieten hatte. Sie bezieht sich vielmehr auf die harte Arbeit, auf die ich mich für die kommenden Monate schon einmal einstimmen lerne. Denn jetzt geht es los: Ich bereite mich auf meinen ersten eigenen Onlinekurs vor!

Hut ab – Krone auf!

Sie steht auf und wartet, bis ihr Nachfolger auf dem Stuhl Platz genommen hat, auf dem sie noch vor wenigen Augenblicken das letzte Dokument unterzeichnet hat. Als er sitzt, schickt sie einen kurzen Gruß in die Runde, die hohen Türen hinter ihr öffnen sich, und so aufrecht es ihr an der Krücke möglich ist, tritt sie ab von der Bühne, die sie 52 Jahre lang in Dänemark bespielt hat.
Margrethe II. von Dänemark dankt am 14. Januar 2024 ab.
Über der Gestalt, die da im pinken Kostüm im Hintergrund verschwindet, liegt ein Ausdruck von Schmerz und Trauer, und ich weiß in diesem Augenblick, dass ich diesen Abgang mein Leben lang ebensowenig vergessen werde wie den Moment, als Helmut Schmidt am 01.10.1982 Helmut Kohl zum Sieg gratuliert.

Manche Bilder brennen sich fest auf der inneren Netzhaut des Lebens. Warum berührt mich das? Ich glaube, es ist die Art, mit Haltung eine Niederlage einzustecken, etwas zu tun, das man eigentlich nicht tun will. Ob es gesundheitliche Gründe waren oder die brodelnde Gerüchteküche im Staate Dänemark, die Margrethe zu diesem in der dänischen Monarchie höchst ungewöhnlichen Schritt bewogen haben, bleibt ungeklärt. Offensichtlich aber fällt ihr, die sich schon auf vielen Bühnen, für die sie als hochbegabte Künstlerin die Kostüme entworfen hat, erst verbeugt hat, und dann abgetreten ist, dieser Abgang nicht leicht.
Haltung wahren in schwierigen Situationen – das erfordert innere Größe, Selbstbeherrschung. Es ist auch Ausdruck der Akzeptanz der Situation, die ist, wie sie ist, auch wenn sie einem nicht gefällt. Wie viele Gefühle im Hintergrund – hoffentlich – ausagiert werden, ist Privatsache.

Eine gegebene Situation akzeptieren müssen und es tatsächlich tun. Das Thema beschäftigt mich den ganzen Monat Januar, und auch mein erster Onlinekurs wird davon handeln – doch dazu später.
Vorerst also folge ich der Einladung der dänischen Botschaft in Berlin, das Thronwechsel-Ereignis im Felleshus der Nordischen Botschaften zu feiern. Dresscode: „Feierlich aber nicht notwendigerweise formell“ – das hatte ich bisher auch noch nicht. Es wird Wein vom königlichen Gut in Frankreich ausgeschenkt und Kransekage versprochen, doch von dem bekomme ich am Ende leider nichts ab. Eine Band spielt, die Kinder basteln Krönchen, auf vier Großleinwänden die Liveübertragung des dänischen Fernsehens. Es gibt ein royales Quiz im großen Saal und eine Podiumsdiskussion mit der dänischen Botschafterin Susanne Hyldelund, dem dänischen Militärattaché und Clemens Räthel, Professor für Skandinavistik in Greifswald.
Die Dänen können das: Feiern! Das Publikum ist jung, gut gelaunt und übermütig, die Stimmung ausgesprochen familiär. Und als ich nach Hause gehe, hat Dänemark einen neuen König: Frederik X.

Jazz paradox

Eine Woche später gleicher Ort, anderes Bild. 
Das Ternion Quartet rund um die dänische Bassistin Anne Mette Iversen spielt im Felleshus „Cold Winter Jazz“. Und entsprechend der Überschrift der Veranstaltung will es mir nicht warm ums Herz werden.

Von Anbeginn des Abends an sinniere ich darüber, dass der Name der Gruppe erst dreifache Einheit suggeriert, das Ensemble dann aber aus Posaune, Altsaxophon, Bass und Schlagzeug besteht. Und zum Sinnieren habe ich reichlich Zeit, ich langweile mich nämlich.
Ich hatte im Vorfeld etwas von den „frischen Kompositionen“ des Quartetts gelesen. Diese wehen jedoch eher als laues Lüftchen über die deutlich ergrauten Köpfe des Publikums, das mit dem von vor einer Woche so gar nicht zu vergleichen ist.
Ebensowenig vermag mich die angebliche „Emotion und Tiefe“ der Improvisationen zu erreichen, was auch daran liegen kann, dass ich fast die gesamte Dauer des Konzerts über stehen muss, was mir jede Minute noch einmal so lang werden lässt.
Sehnsuchtsvoll melancholisches Seufzen, mit dem ich nordischen Jazz verbinde? Fehlanzeige. Sehnsucht verspüre ich höchstens nach dem Quiz in der Woche zuvor.

Diese Sehnsucht zumindest kann auf dem Nachhauseweg einigermaßen gestillt werden. Und zwar von den Berliner Verkehrsbetrieben, der BVG. Die Fahrt vom Tiergarten ins heimische Steglitz bietet ausgiebig Gelegenheit für das Quiz „Welcher Bus kommt zuerst zu spät?“ Und so endet der Abend wie er begonnen hat: mit einem Paradox.

Onlinebusiness, ich komme!

Mitte/Ende Januar starte ich ins Abenteuer Onlinekurs. Alle führenden Onlinebusiness-Experten sagen, man könne es in 90 Tagen schaffen, einen Onlinekurs auf die Beine zu stellen. Eine steile These, das ist mir klar, aber ich nehme die Herausforderung an.
Um mich zum Durchhalten zu motivieren, mache ich mir erst einmal eine Liste mit Belohnungen, die fällig werden, wenn bestimmte Hürden genommen sind. Das Spektrum meiner Belohnungen reicht von der duftenden Hyazinthe für 2,50€ zum Beispiel über eine heiße Schokolade in meinem Lieblingscafé, ein Buch oder einen Strauß Frühlingsblumen bis hin zu einer kleinen Leuchte für meine Diele. Die kostet über 100€ und wird fällig, wenn ich meinen ersten gratis Minikurs erfolgreich durchgeführt habe. Aber bis dahin ist es noch ein langer Weg. Als ich die Liste voller kleiner, mittlerer und großer Belohnungen fertig habe, fühle ich mich voll im Geschäft und auf Du und Du mit den Onlinebusiness-Experten.

Meine erste eigentliche Tat als Gründerin besteht dann allerdings in etwas, das wohl keiner der Experten empfiehlt: Nachdem ich sie eine Woche lang intensiv ausgearbeitet habe, ändere ich, als es idealerweise schon um den Kurs gehen sollte, spontan meine ideale Kundin. Weil ich mal wieder meinem Herzen und nicht dem Kopf folge. Trauerbegleitung online ist ja die Idee; bislang wollte ich mit Hinterbliebenen arbeiten, und meine Vorstellung von meiner idealen Kundin in Bezug auf Alter, Lebenssituation etc. war klar. Meiner Umwelt musste ich auch nicht viel erklären, jeder verstand sofort, um was es gehen sollte.
Weniger selbsterklärend erweist sich mein Entschluss, nunmehr, zumindest für den Anfang, mit chronisch Kranken als Idealkundinnen arbeiten zu wollen.
„Was denn, ich denke, du willst Trauerbegleitung machen?“, bekomme ich zu hören.
„Mach ich doch!“, antworte ich und blicke in verständnislose Gesichter.

Hier besteht offensichtlich Erklärungsbedarf für etwas, das in meinen Augen sonnenklar ist und immer war. Als ich vor zehn Jahren meine Zertifizierung zur Trauerbegleiterin antrat, wusste ich, ohne jemals eine Definition von Trauer gelesen zu haben, dass Trauer nicht nur im Zusammenhang mit Tod steht. Meine verschiedenen Lebenserfahrungen hatten zu der Erkenntnis geführt, dass Trauer ein wesentlicher Teil, oder, anders ausgedrückt, ein Thema in meinem Leben ist, das ich nun mir und anderen nutzbar machen wollte. Erfahrungen mit Tod und Erfahrungen mit Krankheit. Und schon damals dachte ich an die Möglichkeit, mit chronisch Kranken zu arbeiten. Liegt schließlich nahe, wenn man selber seit der Kindheit krank ist.
Trauer ist der Schmerz über einen bedeutenden Verlust. 
Chronische Krankheit ist der dauerhafte Verlust von Gesundheit.
Niemand wird ernsthaft bezweifeln, dass dieser Verlust ein bedeutender ist. Und auch der Verlust von Gesundheit will ins Leben integriert werden. Hier fühle ich mich ganz klar berufen.

Mir ist bewusst, dass sich auch die meisten chronisch Kranken nicht angesprochen fühlen, wenn sie „Trauerbegleitung“ hören, auch wenn sie meiner Meinung nach genau die brauchen. Diese Schwierigkeit macht mir zu schaffen, was das „Messaging“ betrifft. Ich suche die richtigen Worte für meine Umfrage, mit der ich herausfinden möchte, was das drängendste Problem meiner idealen Kundin ist. Am letzten Wochenende im Januar finde ich die endgültige Formulierung und mit ihr die noch enger gefasste Festlegung auf meine idealen Kundinnen: chronische Schmerzpatientinnen. Am Ende fühlt es sich so an, als habe das die ganze Zeit auf der Hand gelegen; chronische Schmerzpatientinnen, wer denn sonst? Und nein, diese Nische ist nicht zu eng! Die Erkenntnis ist meine Belohnung, einen schönen Frühlingsstrauß, wert!

Der Monat klingt mit einem Schrecken aus: Wie bringe ich die Umfrage in die Welt, hin zu meinen Schmerzpatientinnen? Mir schwant, dass ich dazu Social Media brauchen werde. Aber wie um alles in der Welt geht man damit um? 

Das habe ich im Januar gebloggt

  • 12 von 12: Januar 2024
  • äh, also, naja – keine Zeit ist wohl keine gute Ausrede, aber leider die Wahrheit…

Darauf freue ich mich im Februar

  • auf das Abenteuer Onlinekurs
  • meine Belohnungen
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Kategorisiert in Rückblicke

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